doch nicht ganz jenseits Richtig und Falsch: genauer
Mein jenseits-von-richtig-und-falsch-Post liegt mir im Magen, ich will mich erklären.
Wie immer kommt es auf den Kontext an, der meines ursprünglichen Textes war ein sehr intimer: ich bin mit in Stein gemeißeltem „Richtig“ und „Falsch“ aufgewachsen, und musste mich davon emanzipieren, um ich sein zu können. Doch als ich den Text gestern nocheinmal durchlas, um ihn zu posten, blieb er mir im Hals stecken. Vor dem Hintergrund der Proteste am Wochenende, wo Menschen, die Verschwörungstheorien aufgesessen sind, sich selbst mit Juden im dritten Reich verglichen haben und den gesellschaftlichen Konsens („richtig“ = Solidarität, Wissenschaftlichkeit, oder auch: jemand-der-sich-seit-Jahrzehnten-mit-Viren-beschäftigt-kennt-sich-besser-aus-als-ich) komplett verneinen, sind Worte über das Überwinden von „richtig“ und „falsch“ völliger Blödsinn, denn sie nehmen in diesem Kontext eine ganz neue Richtung, die mir nicht behagt.
Ich will keine alles-relativierende Welt, wo man Verschwörungstheoretiker*innen neben Wissenschaftler*innen in eine Fernsehshow setzt und einfach mal schaut, wer überzeugender ist, ohne das Ganze mit Faktenchecks und gut recherchierter Moderation zu unterfüttern.
Ich glaub es gibt ein „Richtig“, für das man kämpfen muss, und es ist genau die Offenheit gepaart mit Genauigkeit, mit der Wissenschafter*innen immer weiter forschen, oder Journalist*innen komplizierte Zusammenhänge recherchieren und so zu beschreiben versuchen, dass die Allgemeinheit sie fassen kann. Es ist die Fähigkeit, das eigene Tun zu hinterfragen und offen für Gegenargumente zu sein. Es ist aber NICHT das Aufgeben der eigenen Werte aus falsch verstandener Toleranz.
Aus der immer weiter gehenden Spaltung der Gesellschaft kommen wir aber sicher nicht, indem wir uns in’s eigene Recht-Haben hineinschrauben und „die Anderen“ (egal aus welcher Sicht, „die Anderen“ sind nie eine homogene Gruppe!) für verblendet erklären. Ich glaub eher, dass wir da wieder rauskommen, indem wir im Gespräch bleiben, nachhaken, weiterdenken, uns selbst (und den Kindern) beibringen, dass manche Dinge frustrierend und trotzdem gut sind, und dass nicht alles, was ein charismatischer Typ voll Überzeugung sagt, die Wahrheit sein muss. Ach ja, und wie und wo man etwas, was man nicht versteht, recherchiert, das wird nicht gerade leichter, ist aber auch super wichtig. Super super wichtig. Gut. Ich hör jetzt mal auf mit Klugscheißen, aber es war mir wichtig, das alles hier zu sagen. Bussi.
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